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Erkenntnissuche

Was soll ich machen, wenn ich nicht glauben kann?

Der Apostel Thomas, der die Auferstehung Jesu erst glaubte, als er ihn sehen und seine Hände auf die Wunden legen konnte.

Thomas wird als Patron von Ostindien, Portugal sowie des Kirchenstaates; der Architekten, Geometer, Maurer, Zimmerleute, aller Bauarbeiter, der Steinhauer, Feldmesser und - wegen seiner Zweifel - der Theologen verehrt.


Aus einem Brief aus Taizé:

Im Neuen Testament ist fast genauso viel vom Zweifel wie vom Glauben die Rede. Die Apostel waren nicht allzu überrascht, dass es nicht leicht ist zu glauben, hatten doch schon die Propheten darauf hingewiesen. Paulus und Johannes zitieren das Jesaja-Wort: „Herr, wer hat unsere Botschaft geglaubt?“ (Johannes 12,38 und Römer 10,16). Johannes fügt hinzu: „Sie konnten nicht glauben, weil Jesaja an einer anderen Stelle gesagt hat: Er hat ihre Augen blind gemacht und ihr Herz hart, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen“ (Johannes 12,39-40). In allen vier Evangelien steht ein Bezug auf die Stelle Jesaja 6. Glauben geht nicht von selbst.


Im Johannes-Evangelium wird der Glaube auf dem Hintergrund seines Gegenteils dargelegt. Christus wird von Anfang an verkannt: „Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Johannes 1,10-11). Zwar folgten eine Zeitlang viele Menschen Jesus nach, aber schnell hörten die meisten wieder auf, an ihn zu glauben: „Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher“ (Johannes 6,66). Jesus versucht nicht, sie zurückzuhalten. Er stellt fest: „Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist“ (Johannes 6,65).

Jesus hat nicht versucht, irgendwelche Anhänger zu überzeugen, weil der Glaube eine Tiefe hat, die Intelligenz und Gefühle übersteigt. Er wurzelt sich in der Tiefe ein, wo „der Abgrund den Abgrund ruft“ (Psalm 42,7), wo der Abgrund unseres Menschseins an den Abgrund Gottes rührt. „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt“ (Johannes 6,44). Der Glaube entspringt zugleich dem Handeln Gottes und dem Wollen des Menschen. Niemand glaubt wider Willen. Niemand glaubt aber auch, ohne dass Gott es ihm geschenkt hätte.


Wenn der Glaube eine Gabe Gottes ist und dennoch nicht alle Menschen glauben, hat Gott dann vielleicht manche beiseite gelassen? Im Abschnitt, in dem Johannes Jesaja über die Unmöglichkeit zu glauben zitiert, überliefert er auch ein hoffnungsvolles Wort Jesu: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Johannes 12,32). Am Kreuz und zur Herrlichkeit Gottes erhöht, wird Christus „anziehend sein“ wie der Vater. Wie stellt er es an, dass er jeden Menschen erreicht? Das kann niemand sagen. Aber warum sollen wir ihm nicht in dem vertrauen, was uns übersteigt?

Noch auf der letzten Seite zeigt das Johannes-Evangelium, dass der Glaube etwas Ungefestigtes ist. Der Zweifel des Thomas ist sprichwörtlich geworden. Entscheidend ist, dass er auch ohne zu glauben in der Gemeinschaft der Gläubigen bleibt – und diese ihn freilich auch nicht hinausweisen! Thomas wartet, der Auferstandene zeigt sich ihm, und er glaubt. Darauf sagt Jesus: „Glücklich, die nicht sehen und doch glauben“ (Johannes 20,29). Der Glaube ist keine Leistung. Er stellt sich unversehens ein, und niemand weiß wie. Er ist Vertrauen, das über sich selber staunt.


(Brief aus Taizé 2004/6)


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BASTA-Projekt der 10. Klassen: Projekt gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen